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Publications in Scientific Journals:

G. Esser:
"Romantische Bauten auf der Marianneninsel - Rückblick und Ausblick";
Laxenburg Magazin - Informationsblatt des Kultur Museums Verein Laxenburg (invited), 36 (2005), 5 - 7.



English abstract:
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German abstract:
Romantische Bauten auf der Marianneninsel - Rückblick und Ausblick

Mit der Ausstellung ROMANTISCHE BAUTEN AUF DER MARIANNENINSEL im Museum Laxenburg hat die schon seit Jahren fruchtbare Zusammenarbeit zwischen dem Fachgebiet Architekturgeschichte und Bauforschung der TU Wien und der Schlosspark Laxenburg Betriebsgesellschaft einen neuen Höhepunkt erreicht.
Zum ersten Mal war es möglich, eines der in starkem Verfall begriffenen Architekturjuwele des kaiserlichen Lustgartens, den so genannten `Tempelī oder auch Gartenpavillon auf der Marianneninsel, der im Jahre 1840 begonnen und schon 1841 zu Ehren der jungen Kaiserin Maria Anna feierlich eröffnet wurde, bauhistorisch zu dokumentieren und seine hervorragende architektonische Qualität, aber auch besondere Verfallsproblematik einer breiten Öffentlichkeit ins Bewusstsein zu rufen.
Möglich wurde dies im Rahmen einer Lehrveranstaltung für Architekturstudenten der TU Wien, die sich an Hand eines konkreten Denkmals mit den Methoden und Techniken der Bauvermessung, -untersuchung und -analyse auseinandersetzten. Und so waren im Oktober des vergangenen Jahres 22 Studierende und ihre Betreuer zwei Wochen in Laxenburg vor Ort, um in kürzester Zeit eine möglichst umfassende Bestandsdokumentation der historischen Ruine zu erstellen. In jenem Zeitraum wurden unterschiedlichste Aufmaß- und Analysemethoden von Low-Tech bis High-Tech am Objekt erprobt: vom altbekannten Handaufmaß, welches nach wie vor mit einfachen Instrumenten wie Maßband, Meterstab und Lot auskommt, über das digitale Aufmaß, das mit Hilfe eines computergesteuerten Theodolithen entsteht, das abbildende Aufmaß mit Digitalkameras, bis hin zum räumlichen Scan der Anlage mit dem terrestrischen Laserscanner. Entsprechend unterschiedlich und in ihrer Aussagekraft sich einander ergänzend sind die erstellten Planunterlagen. In der Ausstellung zu sehen waren die das Gebäude verformungsgerecht und in all seinen Details abbildenden Grundrisse von Erdgeschoss und Keller, die beiden in den Hauptgebäuderichtungen geführten Vertikalschnitte, die den konstruktiven Aufbau von der Gründung bis zum Dach lesbar machen, sowie die mit Hilfe der Photogrammetrie erstellten Ansichten der Innen- und Außenwände, die sich in erster Linie mit der Dokumentation des Schadensbildes sowie mit der Rekonstruktion ausgewählter Gebäudebereiche beschäftigen. Gerade diese am Ende des Ausstellungsrundganges stehenden Tafeln zeigten deutlich, wie viel der originalen Bausubstanz eigentlich erhalten ist und führten den aufmerksamen Betrachtern vor Augen, das eine Rekonstruktion der Anlage mit den originalen Bauteilen im Rahmen der Möglichkeiten unserer Zeit machbar ist.
Denn: rund 80 Prozent der Architekturplastik aus St. Margarethener Sandstein ist noch nahezu unbeschadet im Umkreis des Baus zu finden, ganz abgesehen von der konstruktiven Substanz des Gebäudes, die sich bis heute - unbeeindruckt von den Einflüssen des Wetters, der strengen Winter und der Bauwerkslage auf einer künstlichen Insel im Schlossteich - bis fast zur kompletten Höhe seiner Außenwände in bester Verfassung präsentiert. Und neben den noch in situ befindlichen Ausstattungsdetails des in einem schwarzen Linienmuster auf weißem Grund ausgeführten Terrazzofußbodens des Hauptsaals aus dem späten 19. Jahrhundert und einer erheblichen Anzahl von Fenster- und Türrahmungen - teils mit den Resten der erhaltenen Windeisen zur Halterung der Glasscheiben - fanden sich im Bereich des Parkes noch zwei originale Scheiben mit seltenen romantischen Glasmalereien von Carl Geyling, die äußeren spitzbogigen Rahmen der Oberlichter des Bauwerks sowie der vollständig gesicherte Parkettfußbodenboden des Kabinetts aus noch näher zu bestimmenden Edelhölzern. Auch diese Ausstattungsdetails und einige Exemplare von gotischen Fialenfragmenten konnten in der Ausstellung gezeigt werden.
Doch können auch die Erkenntnisse aus der Sichtung des historischen Quellen- und Planmaterials für die Rekonstruktion des Gartenpavillons der Maria Anna wertvollste Dienste leisten. Im Österreichischen Staatsarchiv werden nämlich die originalen Baupläne des kleinen Gebäudes und auch eine erste Bauaufnahme um 1850, sowie Bauverträge, Material- und Personallisten und textliche Beschreibungen der Ausstattung und Möblierung des Baus aufbewahrt. In ihrer Gesamtheit und insbesondere im Vergleich des historischen Materials mit der Dokumentation des heutigen Zustandes lassen sich Rückschlüsse über Planungsabsichten, Ausführungsvarianten und die vollständige konstruktive und formale Ausprägung des Baus ableiten. Einen ersten Einblick in die Möglichkeiten einer solchen Untersuchungsmethode konnten auch die Museumsbesucher schon gewinnen, denn ein Großteil des historischen Materials, ergänzt um einige rare Photographien der frühen Nutzungszeit, standen - sozusagen als Einführung zum bauhistorischen Hintergrund - am Anfang des Ausstellungsrundganges.
Einen besonderen Höhepunkt der Präsentation aber stellte die während der gesamten Ausstellungsdauer gezeigte animierte und photorealistisch aufbereitete 3D-Visualisierung des Mariannentempels - ein Ergebnis des terrestrischen Raumscans - dar. An ihr wurde wohl besonders deutlich, wie umfangreich und detailliert die Erfassung des Gebäudezustandes mit Hilfe der modernen Aufmaßtechnik gelungen ist.
All diesen eine Sicherung oder gar Restaurierung des Bauwerks nur vorbereitenden Maßnahmen sollten jetzt aber wohl Taten folgen. Die Technische Universität hat in diesem Sinne eine wichtige Vorlage geliefert. Doch sind die betreffenden Institutionen in Wien und Niederösterreich sowie die Laxenburger Öffentlichkeit jetzt gefordert, den Ball aufzunehmen und mit Elan weiterzuspielen. Nur so kann auch in Laxenburg gelingen, was im Falle des kürzlich vollendeten Projekts der Restaurierung der Sissikapelle am Himmel in Wien bereits mit Erfolg vorgeführt wurde: der denkmalgerechte Erhalt und die Restaurierung eines für die österreichische Identität so wichtigen Baudenkmals. Die TU Wien und das Fachgebiet Architekturgeschichte und Bauforschung werden diesen Prozess als kompetente Partner weiterhin nach Kräften begleiten.


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