[Back]


Publications in Scientific Journals:

G. Esser:
"Einfach komplex. Die Kirche Mariae Geburt in Lviv/Lemberg (Ukraine) von Radoslav Zuk";
Baumeister, 8 (2005), 11.



English abstract:
-

German abstract:
Die Kirche Mariae Geburt in L`viv/Lemberg(Ukraine) von Radoslav Zuk

Nach mehr als 10-jähriger Planungs- und Bauzeit steht nun einer der strengsten und zugleich schönsten Kirchenentwürfe in der Reihe des kanadischen Architekten kurz vor seiner Vollendung. Schon in der Mitte der 90er Jahre wurde Radoslav Zuk, der auch in seiner Heimat als Erbauer vieler ukrainisch-katholischer Kirchen in der neuen Welt bekannt war, direkt beauftragt, für die nach dem Fall der Sowjetunion wieder erstarkte christliche Gemeinde in der Lemberger Satellitenvorstadt Sychiv ein neues Gotteshaus zu erdenken. Mit Rücksicht auf die angestrebte hohe eigene Arbeitsleistung der Gemeindemitglieder ersann Zuk ein zugleich konstruktiv und geometrisch einfaches, andererseits jedoch in seiner Gesamtgestalt komplexes, den Begriff von Zeit und Raum transzendierendes Gebilde, welches sich mühelos über den in Osteuropa derzeit allerorten neobarock und postmodern eingefärbten Kirchenbaukitsch erhebt.
Angelegt im alten Spannungsfeld zwischen Zentralbautypus und Langhauskirche präsentiert der Grundriss eine subtile Variante: während der Hauptraum klar eine fünfschiffige Erweiterung des Kreuz-Kuppel-Schemas des spätbyzantinischen Kultraumes verfolgt, gliedern sich der kleine Narthex und die das Allerheiligste bergende Apsis sensibel über betonte Gebäudefugen an den Hauptbaukörper an. Sie schaffen so eine Neuinterpretation des nicht nur im ukrainischen Kirchenbau wurzelnden Dreischritts, der hier auch wegen der post-sozialistischen Gemeindegröße eine Betonung in seiner Mitte erhält. Die Raumproportionen in Plan und Aufriss dagegen gehorchen alten, in der Renaissance wurzelnden Theorien zu den harmonischen Verhältnissen ganzer Zahlen in Musik und Architektur, eine Hommage an das alte Lemberg mit seinem noch heute von Gebäuden des 16. und 17. Jahrhunderts geprägten historischen Stadtkern.
In der Materialität überwiegt äußerste Schlichtheit. Der ganz mit Sichtbeton überzogene Innenraum und die ins reinste Weiß einfacher Putzflächen getauchten kristallinen Volumen des Außenbaus setzen die Architektur ins Verhältnis zum sie umgebenden Raum. Dabei versinnbildlichen vertikale Lichtbänder, die nach oben strebenden turmartigen Baukörper der Joche und die fünf vergoldeten Kuppeln die enge Verbindung des Bauwerks zur göttlichen Sphäre.

Created from the Publication Database of the Vienna University of Technology.